Michael Koslar

Koslar liest Wendelberger



Seit seiner Neuerfindung als Maler kam Malte Sonnenfeld immer auf so komische Ideen… Michael Koslar liest einen Text von Axel Wendelberger über den Maler Malte Sonnenfeld. Die humorvolle Videocollage eröffnet einen Blick in das Schaffen des Kölner Künstlers.

Hier der Text zum Mitlesen…

Gedanken zu Malte Sonnenfeld

Malte_Kitano

Malte Sonnenfeld, «nach seinem mopedunfall kam beat immer auf so komische ideen», 2015 (Acryl auf Leinwand, 49,5 x 70 cm)

Über die Bilder von Malte Sonnenfeld ließe sich wunderbar philosophieren. Der studierte Philologe gibt dem bewanderten Betrachter in der Tat reichlich Material zum Analysieren, Erklären und Fachsimpeln an die Hand. Ich möchte lieber von meiner persönlichen Begegnung mit dem Künstler und seinem Werk erzählen, denn ich stelle fest, dass sich in mein Urteil über zeitgenössische Kunst zunehmend meine Meinung über den Menschen einschleicht. Den viel gepriesenen «objektiven Blick» suche ich nicht mehr.

Michael Koslar, der Mann hinter dem malerischen Pseudonym, ist kein Unbekannter. Als Autor, TV-Sprecher und «Moderator mit Kultpotential» hat er sich längst einen Namen gemacht. Der Tatsache, dass er «ne Kölsche Jung» ist, mag außerhalb unserer Region wenig Bedeutung beigemessen werden. Sie erklärt allerdings die rheinische Leichtigkeit und Ironie, welche Malte Sonnenfelds Bilder so unverwechselbar machen. In Abwandlung eines seiner für ihn so typisch enigmatischen Werktitel könnte man sagen: Seit seiner Neuerfindung als Maler kam Malte Sonnenfeld immer auf so komische Ideen…

Seine außergewöhnlichen Bildideen faszinierten mich sofort, als ich mit Sonnenfelds Arbeiten in Berührung kam. Auf einem Bild hält sich der japanische Regisseur und Schauspieler Takeshi «Beat» Kitano in der berühmten Abschlußszene seines düsteren Yakuza-Streifens «Sonatine» mit einem zynischen Lachen den Revolver an die Schläfe, drückt ab und: Nach dem Schuß spritzt kein Gehirn, sondern aus dem Kopf blühen Blumen, entlehnt aus einem der Blumenbilder Kitanos, der nach einem Mopedunfall selbst zu malen begann. Durch seine lakonische, comicartige Malweise schafft es Sonnenfeld sogar, der Monumentalität des filmischen Augenblickes Gerechtigkeit widerfahren zu lassen – angereichert mit feinem Humor natürlich.

«Contradictio in adiecto» nennt man diese gedankliche Technik, den Widerspruch in der Beifügung. In vielen seiner Arbeiten überrascht Malte Sonnenfeld den Betrachter mit unerwarteten Kombinationen ganz unterschiedlicher Bildelemente, die zum Nachdenken und Entschlüsseln anregen. Was als Montagen in Acryl begann, wurde zu einem Bildatlas des visuellen Repertoires einer ganzen Generation. Comic-Helden, Bilder historischer Persönlichkeiten, Film-Stills, Abbildungen alter Kunstwerke, Fragmente von Zeitungsfotos, Aufkleber, Sammelbildchen sind das Material, aus dem der Künstler schöpft, welches er zu enigmatischen Bildkompositionen montiert, die er gern mit nicht weniger rätselhaften Titeln versieht.

Manchmal höre ich morgens im Radio einen Musiktitel, der mich an Situationen aus vergangenen Zeiten erinnert und der mich den ganzen Tag über nicht verläßt. Dann denke ich mir oft: «Das ist ein Teil des Soundtracks deines Lebens.» Mit den Bildern von Malte Sonnenfeld geht es mir ähnlich. Sie rufen Erinnerungen wach, Erinnerungen der in den 1960er Jahren Geborenen. Genau das macht sie so spannend. Der amerikanische Schriftsteller Kurt Vonnegut, dessen Roman «Breakfast of Champions» für den Titel eines Malte-Sonnenfeld-Bildes Pate stand, äußerte sich in einem Gespräch zu diesem Phänomen:

«Es ist sicher nicht schlecht, einfach ein grandioser Autor für die eigene Generation zu sein… Das zu erreichen, ist schon etwas!» Als Beispiel für einen solchen Autor führte er Ernest Hemingway an, «weil er seine Zeitgenossen begeistert hat und er hat es gut gemacht!» Vonneguts Gesprächspartner wies darauf hin dass er, Vonnegut, allerdings von allen Altersklassen gelesen werde: «Es mag mit dem Schreiben an sich zu tun haben, Kurt. Es mag mit den Themen zu tun haben…»

Malte Sonnenfeld hat sein thematisches Spektrum erweitert. Auf die Serien «Icons and Stills» (ein zusammenhängender Werkzyklus, bestehend aus Bildern mit Ikonen aus der Vergangenheit sowie von holländischen Stilleben aus dem 17. Jahrhundert inspirierten Werken) folgten «Neo Pop meets policy», «Street art for your home», «Pellworm» (wo er neuerdings sehr gerne seine Sommerferien verbringt), «Proverbs in stripes» (internationale Sprichworte) und «Famous first words» (geometrische Bilder in poppigen Farben und Malspachtel zu bekannten deutschen Gedichten). Zunehmend denkt er auch über rein malerische Aufgabenstellungen nach. Seine Kunst wird differenzierter. Längst hat er die Themenbereiche seiner eigenen Generation verlassen. Er entwickelt sich weiter und bleibt sich treu. Einer internationalen Beachtung steht nichts mehr im Wege.

Der bereits erwähnte Takeshi Kitano begann seine Karriere als Komödiant und hatte in den 1980er Jahren mit seiner irrwitzigen Gameshow «Takeshi’s Castle» weit über Japans Grenzen hinaus Kultstatus erlangt. Als er plötzlich mit ernsthaften Kinofilmen als Regisseur und Schauspieler an die Öffentlichkeit trat, war das Publikum verunsichert. Einen Hauch derartiger Irritation mag auch der von Fernsehen und Bühne her bekannte Michael Koslar – ein Mann des Wortes – verspürt haben, als er den Maler Malte Sonnenfeld und seine von Anfang an bereits ausgereiften Bilder präsentierte.

«Warum ein Pseudonym?», schrieb er im Einführungstext seines ersten Ausstellungskataloges. «Pseudonym ist eigentlich die falsche Bezeichnung. Eher eine zweite Identität.» Ich sehe weit mehr als nur zwei Identitäten und beobachte mit Bewunderung, wie er den liebenden Familienmenschen, den Fernsehsprecher, Showmaster, Autor, Entertainer und Maler unter einen Hut bringt – ein Profi eben. Bravo, Michael! Bravo, Malte!

Erschienen in: Malte Sonnenfeld II, Köln 2017 – PDF-Download über diesen Link

Website der Kunsttage Königswinter 2017